MESTEMACHER PREIS SPITZENVATER DES JAHRES 2010
Porträt über Herrn Marcel Oettrich
Preisträger des
„Mestemacher Preis Spitzenvater des Jahres“ 2010
von Prof. Dr. Ulrike Detmers
Emanzipation vom Archetypus
Eine vierköpfige Familie auf dem Foto lächelt die Betrachterin an. Es könnte die Familie eines Industriemanagers sein, der sich in Freizeitkleidung ablichten lässt, um zu zeigen, dass auch er sich – wenigstens in der Freizeit – mit Frau und Kindern beschäftigt. Das ist auf jeden Fall gut für’s Image.
Das Foto zeigt aber keinen Industriemanager, der sich dann gern mit der Familie zeigt, wenn’s gut für’s eigene Ansehen ist, sondern Marcel Oettrich mit den gemeinsamen Kindern Hannah und Paul. Vater Oettrich kümmert sich mit Begeisterung um Kinder, Küche, Karriere von Ehefrau Dr. Yvonne Ziegler und die eigene Karriere: Lebensbereiche, die durch die Brille des Managers betrachtet eher mit Frauenarbeit gleichgesetzt werden.
Marcel Oettrich ist Verwaltungsangestellter an der Universität Freiburg. Er arbeitet in der Stabsstelle Marketing und Wissensmanagement. An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat Herr Oettrich vor Jahren ein Magisterstudium mit den Fächern Kunstgeschichte, Germanistik und Volkskunde absolviert.
Frau Dr. Ziegler, seine Ehefrau, ist an der Albert-Ludwigs-Universität im Fach Psychologie diplomiert und in Kunstgeschichte promoviert worden.
Heute arbeitet sie in Teilzeit an der Uni ebenfalls als Verwaltungsangestellte mit einem Zeitanteil von 50 Prozent der regulären Arbeitszeit und ist zusätzlich freiberuflich als Kunstkritikerin und Dozentin tätig.
Herr Oettrich arbeitet in Vollzeit und nimmt seit Januar 2008 an dem universitären Pilotprojekt „Home-Office“ teil. Dies ermöglicht ihm, einen Teil der Arbeit flexibel von daheim zu erledigen, was für die Betreuung der Kinder Hannah und Paul im Krankheitsfall für eine erhebliche Entlastung sorgt.
Für Marcel Oettrich gibt es weder Frauen- noch Männerarbeit, sondern schlichtweg Aufgaben ohne typische Geschlechtszuweisung. Aber er ist geradezu erschrocken, wie andauernd die typischen Rollenvorstellungen bei Männern beim Thema Frauenarbeit sind und wie langsam sich das Männerbild zugunsten einer gleichberechtigten Partnerschaft in Beruf und Familie wandelt.
Marcel Oettrich kümmert sich seit den Geburten seiner Kinder Hannah und Paul mit völliger Selbstverständlichkeit genauso um’s Wohl der Sprösslinge wie die Mutter der beiden. Die Hausarbeit wird paritätisch mit der Partnerin geteilt, Kochen ist sogar ganz seine Domäne. Vater Oettrich begleitet seinen Nachwuchs unter anderem zum Fußballspielen und zum Klavierunterricht. Beide Kinder wurden während des Studiums geboren und ohne Inanspruchnahme von Familienurlaub bzw. Elternzeit großgezogen. Hannah ist gerade 11 Jahre alt geworden, Paul feiert am 19. November 2010 sein 10. Wiegenfest.
Beide Kids haben im Kleinstkindalter die Krabbelstube des Studentenwerks der Universität Freiburg kennengelernt. Nahtlos ging es dann weiter mit der Betreuung und Förderung des Geschwisterpaares in der Uni-Kita. Marcel Oettrich ist seit der Geburt der beiden maßgeblich an der Kinderversorgung beteiligt. Fürsorglich hat er Tochter und Sohn mit abgepumpter Muttermilch „gestillt“ und sich die Nachtschichten des Babydienstes mit seiner Frau geteilt.
Während der Promotionszeit von Dr. Yvonne Ziegler hat sich Vater Marcel vollständig um Kinder und Hausarbeit gekümmert. Diese Anpassungsfähigkeit ist durch eine kinder- und familienfreundliche Infrastruktur an der Universität Freiburg gefördert worden. Besonders günstig war in dem Zusammenhang die familienfreundliche Einstellung der Vorgesetzten von Herrn Oettrich. Dank deren Wohlwollen konnte der junge Vater mit Wort und Tat das tun, was im 21. Jahrhundert noch viel zu wenig Väter tun: Pragmatisch Familie und Beruf miteinander ohne schlechtes Gewissen vereinbaren.
Hilfe durch die Großeltern konnten die jungen Eltern nicht in Anspruch nehmen, da diese zu weit weg wohnen.
Marcel Oettrich und Dr. Yvonne Ziegler arbeiten beide in der Verwaltung der Universität Freiburg und schaffen es in ihren teamorientierten Lebenswelten, alles bestmöglich unter einen Hut zu bringen: Kinderförderung, Berufsförderung und last but not least: Eheförderung.
Eine archetypische Lebensweise, wie sie oftmals in Managerkreisen etabliert ist, stände da nur im Wege.