MESTEMACHER PREIS SPITZENVATER DES JAHRES 2009
Festrede von Herrn PSt Dr. Hermann Kues
anlässlich der Preisverleihung
„Mestemacher Spitzenvater 2009“
Donnerstag, 05. März 2009,
Berlin, Dachgartenrestaurant Reichstagsgebäude
– ES GILT DAS GESPROCHENE WORT –
Sehr geehrte Frau Prof. Detmers,
Sehr geehrte Familie Detmers,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Spitzenväter 2009,
sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Einladung
zur heutigen Preisverleihung
an die Mestemacher Spitzenväter 2009 –
ich bin sehr gern gekommen.
In diesem Jahr werden zum 4. Mal 2 Spitzenväter von der Mestemacher-Gruppe ausgezeichnet – fast schon eine Tradition.
Inwieweit aber das hinter den Preisträgern und ihren Familien stehende Lebensmodell Tradition hat, ist eine ganz andere Frage.
Bis vor wenigen Jahren waren Männer kaum dem Vorwurf ausgesetzt, „schlechte Väter“ zu sein: Wenn ein Vater viel Zeit mit seinen Kindern verbrachte, galt er als vorbildlich; wenn er Erziehung zur „Frauensache“ erklärte, hatte das kaum negative Auswirkungen auf sein Ansehen.
Aus aktuellen Umfragen wissen wir heute: für 72 % der Männer ist die Familie „sehr wichtig“, der Beruf für 48 %.
Von den berufstätigen Vätern benennen sogar 89 % die Familie als besonders wichtigen Lebensbereich, 58 % den Beruf.
Allerdings geben 81 % der Mütter an, das Meiste oder alles bei der Kindererziehung und -betreuung zu übernehmen.
Von den Väter sagen 62 %, dass sie einen kleineren Teil, kaum etwas oder keinen Teil der Erziehungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen.
(Quelle IfD Allensbach – Familienmonitor 2008)
Andererseits haben 2/3 der gesamten Bevölkerung aus den Beobachtungen in ihrem Umfeld den Eindruck, dass sich Väter heute mehr um die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder kümmern als noch vor fünf bis zehn Jahren. Fast alle, die diese Entwicklung beobachten, bewerten sie positiv.
(Quelle IfD Allensbach – Familienmonitor 2008)
Was sagen uns diese Zahlen?
Die Rollen von Männern sind in Bewegung geraten: Werte haben sich verschoben, der unmittelbare Lebensraum – Familie, Partnerschaft, Freundschaften – hat an Bedeutung gewonnen, gerade auch für Männer.
Der Wunsch nach Familie, nach Liebe und Geborgenheit, ist der Mittelpunkt der allermeisten Lebensplanungen.
Familie ist zeitgemäß – sie bietet den Menschen Schutz und Halt, in einer immer schnelleren und flexibleren Welt.
Und dieses Verlangen nach Schutz und Halt ist aktueller denn je.
Die Entwicklungen der letzten Wochen und Monaten haben viel Unruhe, Unsicherheit und wenn ich auf die aktuelle Arbeitsmarktentwicklung schaue – auch Existenzängste für den Einzelnen und für Familien verursacht.
Lange ist uns nicht mehr so drastisch vor Augen geführt worden, wie sehr unsere Wirtschaft nicht nur auf Geld beruht, sondern auf Vertrauen und Verantwortung.
Die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat haben vor Kurzem ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliges Maßnahmepaket beschlossen: den Pakt für Beschäftigung und Stabilität.
Bund, Länder und Kommunen werden in einer konzertierten Aktion massive zusätzliche Investitionen in Bildungseinrichtungen, in Technologie und Infrastruktur vornehmen.
Von diesen Investitionen werden insbesondere Kitas und Schulen profitieren.
Wenn unsere Kinder in gute Schulen gehen, wird damit eine Voraussetzung für eine “Bildungsrepublik Deutschland” geschaffen.
Zusätzlich soll eine Qualifizierungsoffensive dafür sorgen, dass Zeiten der Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit für Weiterbildung und größere Beschäftigungschancen genutzt werden.
Entscheidend ist, dass wir das Gegensteuern in der Krise mit einem nachhaltigen Modernisierungsschub verbinden, der die Zukunftsfähigkeit Deutschlands stärkt und damit die Krise als Chance nutzen.
Im Moment blicken alle auf die Finanzkrise aber nicht weniger ernstes Krisenpotenzial für den Arbeitsmarkt aber auch für Wirtschaft und Gesellschaft hat einen anderen Namen: es heißt demografischer Wandel.
Der demografische Wandel ist nicht so plötzlich gekommen wie die Finanzkrise, aber er wird unser Land langfristig wahrscheinlich noch viel dramatischer verändern.
- Seit 30 – 40 Jahren werden immer weniger Kinder geboren – obwohl dieses Land immer reicher wird.
- Bereits heute fehlen der deutschen Wirtschaft 400.000 qualifizierte Fachkräfte.
Langfristig ist dieser demografische Wandel die zentrale Wachstumsbremse für unsere Volkswirtschaft.
Der demografische Wandel ist allerdings kein Naturgesetz, – die jungen Menschen wünschen sich heute wie früher Kinder.
Aber die überwiegende Mehrheit, der jungen hoch qualifizierten Frauen- und Männergeneration will beides: Beruf und Familie.
Und hier handelt es sich schon lange nicht mehr nur um eine Frauenfrage – die beiden Spitzenväter die heute ausgezeichnet werden, sind das beste Beispiel dafür: Auch die Lebensvorstellungen der Männer haben sich verändert.
Zwei Drittel wollen nicht nur Ernährer, sondern auch Erzieher ihrer Kinder sein, dass heißt sie wollen Zeit für ihre Kinder, aber genau so auch Zeit für ihre Partnerschaft haben.
Die langjährige Entweder-Oder-Haltung, entweder Beruf oder Familie, hat schwerwiegende Folgen.
Wir haben diese Unvereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung mit dem hohen Preis der Kinderlosigkeit bezahlt oder aber mit dem Wegzug derjenigen, die weder auf Beruf noch Kinder verzichten wollten.
Die Folgen sind ganz offensichtlich: Kinder, die in den letzten 30 Jahren nicht geboren worden sind, können keine Facharbeiter sein, können keine innovativen Produkte auf den Markt bringen, werden niemanden pflegen.
Aber wir können etwas gegen dieses Szenario tun – nämlich Beruf und Familie besser vereinbar machen. In Deutschland haben wir daher in der Familienpolitik umgesteuert.
Wir haben von den Nachbarländern gelernt, die kinderbejahender sind als wir.
Diese Länder haben Geld an der richtigen Stelle investiert, sie haben in frühe Bildung, Kindergärten und Schulen investiert und sie haben in den Arbeitsabläufen Zeit für Kinder geschaffen!
Klarer Konsens auch in Deutschland ist: Kindererziehung und Beruf sind ein gemeinsames Anliegen von Männern und Frauen.
Um aber junge Mütter und Väter bestmöglich zu unterstützen brauchen wir abgestimmte, gezielte Maßnahmen in drei Bereichen:
- finanzielle Unterstützung,
- Infrastruktur wie Kinderbetreuung und Ganztagsschulen
- und Zeit für Familien
– und damit meine ich für Mütter und Väter! –
zum Beispiel durch eine familienbewusste Arbeitswelt.
Das Elterngeld ist ein Symbol für die neue Familienpolitik geworden.
Mit dem Elterngeld kann der Einkommenseinbruch unmittelbar nach der Geburt abgefedert werden.
Neun von zehn Eltern sagen, es ist finanziell eine echte Hilfe.
Und es hat dazu geführt, dass deutlich mehr Väter von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich an der Betreuung und Erziehung der Kinder aktiv zu beteiligen, als das bei der alten Regelung der Fall war:
103 000 Väter haben für ihre 2008 geborenen Kinder Elterngeld bewilligt bekommen – das heißt, dass in 16 % der Haushalte, in denen Elterngeld bezogen wird, auch der Vater die Leistung erhält.
Und wiederum 13 % dieser Väter nehmen für die längstmögliche Zeit, für 12 Monate, Elterngeld in Anspruch.
Dagegen wurde das Erziehungsgeld im letzten Quartal 2006 nur zu 3,5 % von Vätern in Anspruch genommen.
Wenn Mütter und Väter Kinderwünsche und Berufswünsche in Balance bringen können und sich klare Perspektiven für ein gemeinsames Leben mit Kindern auftun, wächst der Mut zu mehr Kindern.
Aber man kann nicht arbeiten ohne gute Kinderbetreuung.
Der Ausbau der Kinderbetreuung ist seit dem 1. Januar 2009 Gesetz.
Wir werden bis 2013 für jedes dritte Kind unter 3 Jahren einen Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege anbieten können.
Meine Damen und Herren,
wir haben in der Familienpolitik in den letzten Jahren umgesteuert.
Und tatsächlich werden wieder mehr Kinder geboren.
Natürlich ist das noch keine große Trendwende und sicherlich nicht ohne weiteres nur auf die Politik zurückzuführen.
Aber die jungen Frauen und Männer merken:
Es tut sich was.
Deutschland wird familienfreundlicher.
Das ist ein Vertrauensvorschuss und ein Ansporn, weiter zu machen.
Gute Rahmenbedingungen für Familien sind allerdings nicht nur eine Sache des Staates.
Auch die Wirtschaft muss mitspielen.
Nur in einer dauerhaft familienbewussten Arbeitswelt finden Väter und Mütter Zeit für die Familie und für gute Arbeit.
Immer mehr Betriebe erkennen die Zeichen der Zeit und schaffen familienfreundliche Arbeitsbedingungen.
Die Schlüsselfrage lautet dabei nicht, was kosten familienfreundliche Maßnahmen?
Sondern: was kostet es das Unternehmen, wenn es nicht familienfreundlich ist?
Aufwendungen für Familienfreundlichkeit sind keine reinen Kosten, sondern Investitionen.
Auf der Basis von Erfahrungen verschiedener Unternehmen hat die Prognos AG für ein Beispielunternehmen einen Return on Investment (ROI) in Höhe von 25 Prozent ermittelt.
Wem allerdings zum Thema Familienfreundlichkeit nur der Aufbau einer eigenen Kindertagesstätte einfällt, fürchtet zu Recht, mit einer solchen Investition überfordert zu sein.
Die Lösungen – und das werden die heutigen Preisträger sicher bestätigen können – bestehen oft in einer Vielzahl kleiner Maßnahmen, die sich ohne großen finanziellen Aufwand realisieren lassen.
Mir ist sehr bewusst, wie schwierig dies unter den aktuellen konjunkturellen Rahmenbedingungen ist.
Aber es wäre das falsche Signal, jetzt bereits Erreichtes wieder aufzugeben und familienfreundliche Firmenpolitik zurück zu stellen bis wieder bessere Zeiten kommen.
Betriebe die dauerhaft konkurrenzfähig bleiben wollen, müssen in Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren – und dabei ganz gezielt auch in die Gruppe der Väter und Mütter.
Deshalb setzen wir mit dem Unternehmenstag „Erfolgsfaktor Familie“ am 6. Mai dieses Jahres in Berlin ein klares Signal.
Gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages lädt die Bundesfamilienministerin alle interessierten und engagierten Unternehmen Deutschlands ein, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen.
Wir wollen das Engagement der Unternehmen sichtbar machen und den ökonomischen Nutzen, den Unternehmen haben, wenn sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen.
Natürlich hängt unsere wirtschaftliche Zukunft von vielen externen Faktoren ab, die wir kaum oder gar nicht beeinflussen können.
Wenn es uns aber gelingt,
- wieder mehr Mut zu Kindern zu machen,
- und Mütter und Väter schon heute im Arbeitsmarkt mit ihren Kompetenzen, aber auch mit ihren Bedürfnissen ernst zu nehmen,
dann können wir der Wachstumsbremse Bevölkerungsrückgang den Wachstumsfaktor Familie entgegensetzen.
Es liegt in unserer Hand, mit Familienfreundlichkeit zum Wohlstand beizutragen!
Wir brauchen Mütter und Väter, die die Kraft haben, ihren Kindern ein stabiles emotionales Rüstzeug für die Bewältigung des modernen Lebens mitzugeben.
Wir brauchen ein Umfeld, das Familie unterstützt und entlastet und gleichzeitig ihre Unersetzlichkeit in der Erziehung respektiert.
Familienfreundlichkeit entscheidet sich dabei vor allem auch vor Ort.
Gute lokale Familienpolitik entscheidet über
- eine bedarfsgerechte, d.h. flexible und gleichzeitig verlässliche, qualifizierte Kinderbetreuung
- gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
und
- ein qualitativ hochwertiges Angebot familienunterstützender Dienstleistungen.
Dieses Engagement bündeln wir in der Initiative Lokale Bündnisse für Familien.
Meine Damen und Herren,
auch wenn viele Negativmeldungen aus der Wirtschaft in den letzten Wochen und Monaten unsern Alltag geprägt haben, sind andere Befunde ermutigend:
Der wachsende Mut junger Menschen, Familien zu gründen, Kinder zu haben.
Die spürbare positive Veränderung von und gegenüber jungen Vätern.
Aber auch die hohe Bereitschaft zum freiwilligen Engagement.
Der Zusammenhalt der Generationen – allen Unkenrufen zum Trotz.
Es geht um eine Wertschätzung der Leistungen und Lebenssituationen aller.
Nur in einer Gesellschaft die neben den Anforderungen der Arbeitswelt, Raum und Zeit für Partnerschaft, für die Betreuung von Kindern aber auch älteren Angehörigen zulässt, können sich dauerhaft Wachstumspotenziale entfalten.
„Die strengsten Richter eines Mannes sind seine Kinder.“
Dieser Satz wird dem amerikanischen Dichter und Literaturprofessor Thornton Wilder zugesprochen.
Ich bin gespannt auf das Urteil der Kinder der diesjährigen Spitzenväter 2009 – ich bin zuversichtlich, dass es sehr gut ausfällt!
Ein herzliches Dankeschön an Frau Professor Detmers für ihr unermüdliches Engagement für die Spitzenväter und meinen Glückwunsch an die beiden diesjährigen Preisträger.
Vielen Dank!