MESTEMACHER PREIS MANAGERIN DES JAHRES

Festrede zur Verleihung des Mestermacher Preises „Managerin des Jahres“ an Margret Suckale, Vorstand Personal und Dienstleistungen DB Mobility Logistics AG am 19.9.08, Berlin

Von Heli Ihlefeld,
Autorin des Buches
„Auf Augenhöhe“, Herbig

„Die Gesellschaft kann nicht verändert werden, solange der Mensch sich nicht ändert. Die Menschheit, du und die anderen, haben in Generationen über Generationen diese Gesellschaft geschaffen.“Krishnamurti

Sehr geehrte Herren und Damen!
Für mich ist es eine ganz besondere Ehre hier vor Ihnen und aus diesem ganz besonderen und wichtigen Anlass sprechen zu dürfen. Lassen Sie mich zunächst ein paar grundsätzliche Gedanken äußern: Damit wir auf dem Weg zu einer gerechteren und friedlicheren Gesellschaft in einer globalen Welt vorankommen brauchen wir gleiche Chancen von Männern und Frauen, Parität in möglichst allen Bereichen, und Achtung und Respekt zwischen den Geschlechtern. Die Erkenntnis ist notwendig: wir sind einander ebenbürtig. Und: Nur wir gemeinsam – mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten und unserer ganzen Kreativität – können den Fortbestand dieses wunderbaren Planeten sichern. Die Probleme dieser Welt können nur von uns gemeinsam, in gemeinsamer Verantwortung gelöst werden. Das ist meine tiefe Überzeugung.

Männer allein können das nicht schaffen.

Mir ist klar, wie groß und schwierig die Aufgabe ist, die ich damit anspreche. Denn ich habe mich neun Jahre mit aller Kraft und auch teilweise mit Erfolg dafür eingesetzt, in einem großen Konzern, der Telekom, eine Kultur der gleichen Augenhöhe, der gegenseitigen Achtung, des gegenseitigen Verständnisse und der gleichen Chancen zu kreieren. Ich weiß daher: Es gibt auf diesem Weg zu einem veränderten Bewusstsein in unserer Gesellschaft und in der ganzen Welt noch sehr viel zu tun.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist: Wir Frauen brauchen Vorbilder. Denn durch eine vorwiegend männliche Geschichtsschreibung, in der Leistungen von Frauen kaum registriert wurden, sitzen unsere Selbstzweifel noch sehr tief. Um Mitverantwortung für unser aller Schicksal zu übernehmen, brauchen wir gleichen Einfluss und gleiche Macht, also Parität zwischen Männern und Frauen in allen Bereichen. Und diese Art der Macht müssen wir anstreben, ohne uns durch Selbstzweifel den Weg zu verbarrikadieren.

Daher können wir für diesen Preis „Managerin des Jahres” und denjenigen, die ihn ermöglichen, sehr dankbar sein. Denn er macht Vorbilder sichtbar.

Ich bin ein Kriegskind. Kinder haben diesen schrecklichen Zweiten Weltkrieg erlitten, ohne zu verstehen, was das heißt: Krieg oder Frieden. Denn ihre erste Erfahrung in dieser Welt war Krieg. Also mussten sie ihn für die Normalität halten. Niemand hat ihnen den Unterschied zwischen Krieg und Frieden erklärt und das, was damit zusammen hing. Kriegskinder erlitten Traumata, um die sich niemand kümmerte, weil ja so viel zu tun war und eine zerstörte Welt wieder aufgebaut werden musste.

Worauf ich hinaus will:

Diesen Krieg haben Männer geführt und Frauen und Kinder erlitten und Kinder zudem nicht verstanden. Wie so viele Krieg vor diesem und andere danach. Das Krieg etwas Schreckliches sein muss, haben wir Kriegskinder am Schicksal unserer Mütter sozusagen aus zweiter Hand verstanden. Ihr „Nest” war mit einer unglücklichen, überforderten Mutter instabil, ungeschützt und voller Ängste. Diese Ängste nahmen sie in ihr späteres Leben mit.

Damit so etwas nie wieder geschehen kann, müssen Frauen an der Verantwortung beteiligt werden, und dazu brauchen wir Frauen: Parität, Macht und Mitbestimmung.

Ich würde missverstanden, wenn Sie aus dieser Forderung den Eindruck mitnähmen, ich hielte Frauen für die besseren Menschen. Ich werde mich bemühen, Ihnen deutlich zu machen, was ich meine. „Die Frau hat keinen Kriegsinstinkt, und sie hat kein Interesse, Länder zu erobern, Weltreiche zuschaffen. …Es ist die Frau, die am meisten unter einem Krieg leidet. Sie hat nichts von einem Krieg, außer dass sie alles verliert und brutal und gewaltsam benutzt wird.” Das sagte der indische Weise Osho.

Verallgemeinerungen sind immer problematisch, aber in diesem Fall verdeutlichen sie etwas, von dem ich überzeugt bin: An allen Konflikten und vor allem Konfliktlösungen in dieser Welt sollten Frauen beteiligt werden, um Frieden und eine positive Entwicklung für alle zu erreichen. Denn Frauen bringen in der Regel Fähigkeiten mit, die dauerhafte Konfliktlösungen ermöglichen. Aber wie können sie beteiligt werden, wenn sie nicht die entsprechenden Funktionen, keine Macht, oder nur so wenige Frauen Macht haben. Ich komme zu den Voraussetzungen dafür und zu einem Phänomen, das ich bei mir bereits in meiner frühesten Jugend feststellen konnte: Trotz der Überzeugungen rund um mich herum, von meiner Mutter und vielen anderen Frauen und den Männern sowieso, war ich tief in meinem Inneren sicher, dass Frauen nicht weniger klug, begabt, kreativ, stark, tapfer, freiheitsliebend, selbstbestimmt sind als Männer.

Und so habe ich mich, bei allen Selbstzweifeln, auf den Weg gemacht, und indem ich schließlich alle meine Kraft und Kreativität dafür einsetzte, um zunächst unbewusst und später bewusst die Welt in Richtung Chancengleichheit zu verändern. Das, was andere Frauen oft erst nach und nach begreifen – die Gleichwertigkeit von Männern und Frauen – bekam ich als tief verinnerlichte Überzeugung von Geburt an mit.

Mein Lebensweg war von Zufällen – Oder waren es Fügungen ? – bestimmt. So landete ich zunächst als Journalistin in Bonn und in der Politik und lernte viele einflussreichen Politiker persönlich kennen. Von Kennedy, Adenauer, Erhard, Brandt, bis Helmuth Schmidt. Kaum Frauen waren darunter. Für die erste, die eine herausragende Position übernahm, für Annemarie Renger, wechselte ich die Fronten. Als sie zur Zweiten Person im Staate, zur Bundestagspräsidentin gekürt wurde, wurde ich ihre Pressereferentin.

Ich will die anderen wichtigen Etappen auf meinem Lebensweg überspringen. Am Ende meiner Karriere wurde ich auf eigenen Wunsch Gleichstellungsbeauftragte im Management eines großen Konzerns. Neun Jahre probierte ich es aus, die Unternehmenskultur zu verändern! Mein Team wuchs und ebenso meine Erfahrungen auf diesem Gebiet, über die ich nun ein Buch geschrieben habe. Ich habe viel ausprobiert und auch eine Menge erreicht. Aber zum Schluss blieb vor allem die Erkenntnis:

Eine wirklich Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen , eine Unternehmenskultur auf Augenhöhe, wo Männer und Frauen paritätisch, gleichberechtigt miteinander arbeiten wird es in der Wirtschaft und wird es in unserer ganzen Gesellschaft nicht geben, wenn wir uns nicht alle – Männer wie Frauen – die Ursachen unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit bewusst machen.

Die Entwicklungspsychologin Dr. Elisabeth Debold beschreibt in einem fabelhaften Artikel über weiblich Spiritualität zu Beginn, ihre Enttäuschung als die New York Times 1988 ankündigte die Kolumne „Hers” solle in Zukunft im Namen der Gleichberechtigung abgewechselt werden mit der Kolumne „About Men”. Sie brach in Tränen aus. Und als ihr Mann lachte, schluchzte sie: „Verstehst Du das denn nicht? Die gesamte New York Times beschäftigt sich nur mit Männern!”

Sie hatte Recht und so ist es noch heute.

Ähnliche enttäuschende Erfahrung machte auch ich immer wieder und jede kann sie heute machen. Als ich, um die Gläsernen Decke zu überwinden, ein Mentoring-Programm für Frauen bei meinem Arbeitgeber durchsetzte, waren es junge Frauen, die zu mir sagten: Sie fänden das ungerecht. Es müsse ein Mentoring für Männer und Frauen sein. Das es sich hier um ein Unternehmen handelte, in dem kaum Spitzenjobs mit Frauen besetzt waren, und in dessen erster Führungsebene sich nur eine einzige Frau befand, schien diese jungen Frauen nicht zu beeindrucken. Zwei andere Beispiele: Als in bestimmten Bereichen der Justiz mehr Frauen eingestellt wurden als Männer, weil sie die besseren Abschlüsse gemacht hatten, wurde sofort eine Männerquote eingeführt ohne natürlich dieses Vorgehen so zu benennen. Und nachdem nun heute an den Schulen mehr Mädchen als Jungen Abitur machen heißt es, es müssten Förderprogramme für Jungen eingerichtet werden. Um Förderprogramme für Mädchen für technische Berufe z.B., musste Jahre lang gerungen werden, obwohl wir die weibliche Kreativität in diesen Breichen dringend brauchen, und Frauen nur rudimentär dort vertreten sind.

Wenn also für Bereiche, wo Mädchen und Frauen unterrepräsentiert sind, gefordert wird, bei gleicher Eignung Frauen den Vorzug zugeben, werden diese Frauen sofort als „Quotenfrauen” diskreditiert. Was diese sich dann auch regelmäßig zu Herzen nehmen.

Debold schreibt weiter: … „aber sie (Ihre Reaktion auf die Ankündigung der New York Times) berührt eine Erfahrung, die von sehr vielen Frauen geteilt wird: das befremdliche, manchmal Wut erzeugende Gefühl, in einer Gesellschaft zu leben, die kaum die eigenen Prioritäten, Belange und tieferen Sehnsüchte widerspiegelt. Trotz der Fortschritte, die in den letzten vier Jahrzehnten gemacht wurden, leidet die westliche Kultur nach wie vor unter männlicher Einseitigkeit.”

Das ist auch in unserem Land überall fest zu stellen. Wir brauchen nur die Zeitungen auf zu schlagen und uns die wichtigen Seiten, wie Politik, Wirtschaft, Sport und die Werbung anzusehen. Frau braucht auch nur die immer stärkere Sexualisierung von Frauen und Mädchen in unserer Gesellschaft und in den Medien wahr zu nehmen. Die verschiedenen Ansätze und Projekte für gleiche Chancen bringen bis heute keine wirklich Bahn brechenden Veränderungen für unser Bewusstsein und damit für unsere Kultur.

In der letzten sehr erfolgreichen Phase meiner Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte, glaubte ich sozusagen das Ei des Columbus gefunden zu haben: Der Nachweis, daß eine paritätische Beteiligung von Männer und Frauen in den verschiedenen Teams – in der Werbung, im Vertrieb, in der technischen Innovation, der Weiterbildung usw. – die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens verbessern würde. Wie enttäuscht war ich, als kaum einer von den Macht habenden Männern, an dieser Erkenntnis und deren Messbarkeit interessiert war.

Der Beweis für meine Überzeugung damals ist heute längst erbracht. Ich zitiere aus dem Spiegel nach dem die Unternehmensberatung McKinsey in einer Studie beschrieb, das gemischte Führungsgremien sowohl wirtschaftlich als auch von der Unternehmenskultur her erfolgreicher sind: „Von den 500 größten börsennotierten Firmen der USA erzielen jene mit wenig Frauen im Vorstand im Vergleich zu solchen ohne Frauen eine um 53 % höhere Eigenkapitalrendite. Wenn mindestens drei Frauen mitregieren, steigen die Erträge nachweislich.” Drei allerdings sollten es sein, um die kritische Masse zu erzeugen.

Der Schluss liegt also nahe, dass Männer an erster Stelle an ihrer eigenen Karriere interessiert sind und dann vielleicht auch noch am Erfolg des Unternehmens. Frauen dagegen sind in erster Linie daran interessiert, – So beobachtete ich – sich selbst unentbehrlich zu machen. Dafür nehmen sie u.a. eine schlechtere Bezahlung in Kauf. Sie verzichten als rechte Hand des Chefs, als dessen Assistentin, auch auf eigene Gestaltungsmacht, scheuen sich sogar, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Frauen erobern sich heute alle Berufe, auch die „männlichsten”. Sie werden Soldatinnen, Polizistinnen, Pilotinnen, Matrosen, Wissenschaftlerinnen, Fußballerinnen. Sie beweisen damit, dass sie als Mädchen die gleichen Träume träumen können wie die Jungen. Nur werden sie vom „System” in der Minderheit und möglichst einflusslos gehalten. Sie sind es gewohnt und oft damit zu frieden, die Zweite Geige zu spielen. Das System, nenne ich die Gewohnheit, in jahrhunderte alten Rollenbilder, Stereotypen und Archetypen zu leben, die festlegen, was eine Frau ist und was ein Mann und diese Bilder hat unser Gesellschaft, Frauen wie Männer, so verinnerlicht, dass das keiner mehr merkt.

Jeder Mensch, Mann oder Frau, hat männliche und weibliche Anteile in sich, ausgeprägter oder weniger ausgeprägt. Aber durch unsere Sozialisation glauben wir an bestimmte naturgegebene Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Wenn wir diesen Glauben überwinden oder ihn nicht haben – so wie ich schon sehr früh – fehlen uns aber die weiblichen Vorbilder, die uns Mut machen durch zu starten. Dann zeigt uns die Gesellschaft, repräsentiert durch die verschiedenen Medien, immer wieder von neuem unsere Grenzen. Diese Sozialisation spukt in männlichen und weiblichen Köpfen und macht besonders uns Frauen das Leben schwer.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Männer und Frauen – von Fall zu Fall mehr oder weniger. Diese Unterschiede werden – wie uns die Wissenschaft inzwischen gezeigt hat – bestimmt durch die Hormone, und die Gene – der Rest wird antrainiert. Unterschiede, verschiedene Anlagen, Begabungen, gibt es aber zwischen allen Menschen, egal ob Mann oder Frau. Sie machen gerade den Erfolg eines Teams aus, wenn jeder und jede richtig eingesetzt werden.

Wer aber sind wir wirklich?

In erster Linie sind wir weibliche und männliche Menschen mit unterschiedlichen weiblichen und männlichen Anteilen. Manch ein Vater könnte die bessere Mutter für seine Kinder sein, wüsste er es nur. Und umgekehrt, manche Mutter, der bessere Vater. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung ”vom potentiellen zum realen Vater – Wege in die Vaterschaft” hat u.a. ergeben, dass 90 % der kinderlosen jungen Männer, sich Kinder wünschen, aber nicht mehr nur die „Ernährer” sein, sondern Verantwortung für die Betreuung und Erziehung übernehmen wollen. Nur Wunsch und Wirklichkeit klaffen zu weit auseinander und daher verzichten sie lieber erstmal ganz auf Kinder.

Immer mehr junge Väter versuchen heute ihre weibliche, nährende und fürsorgliche Seite zu leben. Werden aber sehr oft von der Gesellschaft daran gehindert, belächelt oder durch ihre Berufe von der Familie fern gehalten, manchmal sogar von der eigenen Frau. Im Spiegel heißt es, die Regeln seien die Hindernisse, die gemacht wurden für das Berufsleben eins Mannes, dessen Frau sich um den Haushalt und die Kinder kümmert, fand die McKinsey-Erhebung heraus. „So wird Führungskompetenz gleich gesetzt mit uneingeschränkter Mobilität. Das Prinzip der „Jederzeit- Einsetzbarkeit” verträgt sich aber nicht mit der Doppelbelastung von Frauen. Hinzu kommt, dass ein gerader Karriereweg erwartet wird, ohne Pausen und Auszeiten – für Mütter ein Killerkriterium. Unabdingbar ist zudem das Beherrschen männlicher Codes und Verhaltensweisen. Wer ausschert wird als Bedrohung des Systems empfunden. Weibliche Rollenbilder fehlen meist ganz. Das verstärkt den Eindruck, sie könnten es nicht schaffen, was wiederum die Ambitionen der Frauen mindert.”

Wie sehr sich mit meinen Erfahrungen deckt!

Die Sozialisation, die Geschichte, beziehungsweise die Geschichtsschreibung und die Medien legen uns auf unsere Rollen fest. Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis heraus? Wie können wir – Männer wie Frauen – jede und jeder zu dem einzigartigen selbst bestimmten Wesen werden und die eigenen Anlagen verwirklichen? So wie der Samen schon das Bild der Pflanze in sich trägt, zu der er einmal erblühen wird. Das heißt für uns Menschen natürlich auch, unsere biologische Funktion zu erfüllen und Kinder in die Welt zu setzen und auf zu ziehen. Die biologischen Funktionen jedoch determinieren uns nicht. Zwar ist die Frau die Gebärerin und der Man der Zeuger, aber alles andere, was das Kind braucht, um ein selbstbestimmter, eigenverantwortlicher Erwachsener zu werden, bekommt es, mit Ausnahme der Muttermilch am besten von demjenigen, der es am besten kann. Wir sollten also endlich aufhören zwischen weiblich und männlich zu polarisieren! Wir sollten anfangen, uns in gegenseitiger Achtung zu begegnen, unsere Bedürfnisse zu erkennen, unsere Fähigkeiten – und vor diesem Hintergrund die Aufgaben zu verteilen. Wir sollten anfangen uns unserer Konditionierung bewusst zu werden, zunächst Verantwortung für uns selbst zu übernehmen und dann für unsere Kinder und die Gesellschaft. Und das bedeutet für Frauen auch bereit zu sein, Macht zu übernehmen. Das heißt auch für Frauen nach und nach die willkürlichen Grenzen zu erkennen und zu überwinden, um eine Welt zu schaffen, die auf Parität beruht.

Noch immer glauben wir, die Frau sei die geborene Mutter. Daher lässt sie sich auch heute noch auf Haus und Familie reduzieren. Dabei habe ich schon so oft beobachten, dass Väter geduldiger und verständnisvoller und lockerer mit ihrem Nachwuchs umgehen, als die oft genervten Mütter. Diese Genervtheit hat sicher verschiedene Ursachen, vor allem aber die Doppelbelastungen der Frauen und deren mangelnde gesellschaftliche Unterstützung.

In jedem Fall bleibt die Erkenntnis: M a n n kann das auch. Und Frau kann auch, das was bisher nur der Mann zu können schien. Der Wirtschaft wird eine stärkere, verantwortungsvolle Beteiligung von Frauen gut tun und der Gesellschaft auch, sowohl in unserem Land als auch der globalen Welt. Frauen haben häufig Fähigkeiten, die die der Männer auf ideale Weise ergänzen und umgekehrt. Sie lernen besser Sprachen und können gut organisieren. Da sie auf Grund ihrer Sozialisation beziehungsorientierter sind haben sie einen guten Zugang zu Kunden und Kundinnen. Und sie sind – wie schon gesagt – durch ihre Fähigkeit, sich besser in andere Menschen hinein versetzen zu können gut im Konfliktmanagement. Um nur ein paar Punkte zu nennen. Der amerikanische Trendforscher Tom Peters stellte schon vor Jahren fest: „Frauen sind die Chance Nr. 1” für unsere Wirtschaft.

Warum lassen sich Unternehmen und die ganze Gesellschaft diese große Chance immer noch entgehen?

Mit dem Preis „Managerin des Jahres” wird diese Zukunft sinnvoll unterstützt. Denn – und damit komme ich auf meine Eingangsworte zurück – Frauen brauchen Vorbilder. Sie müssen erkennen, dass sie noch lange nicht am Ziel sind. Schon allein die Tatsache macht das deutlich, dass sie immer noch ein Viertel weniger verdienen in gleichen oder gleichwertigen Positionen. Männer haben sich in all den Jahren „in denen die Frau ins Haus gehörte”, ein System, aufgebaut, in dem allein Männer unterstützt werden. Sie haben Hierarchien geschaffen, in dem Karrierewege, wenn sich Mann an dieses System hält, vorgezeichnete werden. Ich habe während einer langen Berufstätigkeit in diesen Hierarchien beobachten können, dass Männer, wenn sie Zuarbeiter Funktionen – wie z.B. Stabs- oder Büroleiter – übernehmen, in einem bestimmten Zeitraum mit einer Führungsfunktion belohnte werden. Frauen, die derartige Aufgaben übernommen haben, werden darin belassen, weil sie doch für den Chef unentbehrlich geworden sind und das so gerne hören. Sie fordern nicht wie ihre männlichen Kollegen den nächsten Karriereschritt ein.

Die Spielregeln des Systems gelten nur für Männer, und deshalb durchstoßen Frauen noch immer so selten die gläserne Decke, obwohl heute Frauen längst so gut ausgebildet und so tüchtig sind wie diese. Frauen müssen auch wollen, sich trauen und – sich solidarisieren. Sie brauchen dazu Vorbilder.

Meine Erfahrung ist daher, dass wir uns dieser Mechanismen bewusst werden müssen. Frauen wie Männer. Denn nur dann können wir sie verändern, sie überwinden. Wenn das nicht geschieht, werden wir immer wieder in die alten Fallen tappen, obwohl sich heute doch schon so viel für Frauen verändert hat und ihnen so viele Möglichkeiten mehr offen stehen als noch vor ein paar Jahren.

Der Weg in eine Gesellschaft auf Augenhöhe, in der Männer wie Frauen Verantwortung übernehmen, beide sowohl in Beruf und Gesellschaft wie auch in der Familie, bei den eigenen Kindern, ist noch weit. Der Weg in eine Gesellschaft, in der Kinder lernen, Frauen und Männer, Jungen und Mädchen sind gleichberechtigt, gleichwertig und tragen gemeinsam die Verantwortung für die Familie und für die Zukunft. Die Zeit jedoch drängt. Ich wünsche unserer Gesellschaft und der in der ganzen Welt im Interesse einer friedlichen und nachhaltigen Zivilisation, dass wir dieses Bewusstsein sehr bald entwickeln können!